Auch wenn die nachfolgenden Beschreibungen sehr nach Schwarz-Weiß-Malerei klingen, so können doch die wenigen vorhandenen Ausnahmen bedauerlicherweise nur die Regel bestätigen.

Die ungarischen Züchter und ihre Hunde

Hier ist nicht von seriösen Züchtern die Rede, die zu finden in Ungarn zwar möglich, jedoch etwa so einfach ist wie die Suche nach der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.
 
„Wie kann ich möglichst schnell möglichst viel Geld verdienen“, so die Frage, die sich mindestens 90 Prozent aller Ungarn regelmäßig stellen. Die Lösungen, die manchem phantasievollen Ungarn dazu einfallen, treiben die seltsamsten Blüten und tragen nicht selten zur großen Erheiterung Außenstehender bei. Doch bei der Idee „Ich züchte Hunde = schnelles Geld ohne viel Einsatz“ hört definitiv der Spaß auf!

Und so beginnt eine Züchterkarriere: Man besorgt sich eine oder zwei Rassehündinnen, mehr werden es ja von selbst, d.h. Inzucht ist vorprogrammiert und eingeplant. Und möglichst billig müssen sie sein, im Klartext: wegen Krankheit oder anderer Mängel unverkäufliche "Restexemplare" werden aus dubiosen Quellen angeschafft. Papiere? „Da kennt doch der ... den ... und von dem der Freund hat einen Bekannten in ... etc.“ Schlussendlich haben die angeschafften „Zuchthunde“ dann auch Papiere. Wer diesen Weg erst einmal kennt, nutzt ihn natürlich auch für die „rassereine“ Nachzucht.

 

 

Übersetzung:

Welpen, Junghündinnen, vor der ersten Hitze stehende erwachsene Hündinnen zu verkaufen oder gegen kleine Hunde zu tauschen mit Wert-ausgleich
Tel.: ........
 
 
Anmerkung:
Diesem "Züchter" sind  offenbar sogar seine Hunde einer etwas größeren Rasse noch zu teuer im Unterhalt!

Für die Zuchthündinnen beginnt ein Leben, das den Tatbestand der Tierquälerei übererfüllt: gehalten in dunklen Kellerlöchern oder feuchten Ställen, mit dem üblichen Weißbrotmatsch notdürftig ernährt, bei jeder Hitze gedeckt, ohne tierärztliche Versorgung, ohne Kontakt zur Außenwelt, ohne je wieder die Sonne zu sehen ... Die Welpen, in der Regel krank und unterernährt wie ihre Mütter, werden im Alter von 4 bis 5 Wochen verscherbelt – auf den Wochenmärkten oder an Interessenten aus dem Ausland oder an neue ungarische „Züchter“.
Ein Unrechtsempfinden besteht bei diesen „Züchtern“ nicht: „... machen die anderen doch auch so.“


Die ungarische Bevölkerung und ihre Hunde

Für den städtischen Hundehalter ist nur ein Rassehund ein nennenswerter Hund; er dient in erster Linie als Statussymbol. Der Besitzer informiert sich über Pflege, Haltung und alles, was für seinen Hund wichtig ist. So fehlt es dem möglichst teuren Rassehund an nichts, Futter, Hütte/Körbchen, Zuwendung, medizinische Versorgung – alles vom Feinsten. Er darf sogar manchmal mit der Familie in der Wohnung leben!
Mischlinge sind für den Stadtbewohner in der Regel Ausschuss, Hunde dritter Klasse, entsprechend übel werden sie versorgt und behandelt.
 
Für den auf dem Land in einer Tanya (Einzelgehöft) lebenden Hundehalter, der fast immer mehrere Hunde hält, haben die Hunde eine Aufgabe zu erfüllen: das Haus, die Ställe zu bewachen, die Herde (Schafe, Ziegen, Rinder) zu treiben, nicht selten ohne Anwesenheit eines Menschen. Da ländliche Gehöfte nicht eingezäunt sind und weil es von alters her üblich ist, werden die Wachhunde an diversen strategisch wichtigen Punkten auf dem Gelände und um das Haus herum angekettet. Unerheblich ist bei der Kettenhaltung die Größe der Hunde, vom Pekinesenmischling bis zum Herdenschutzhund ist alles vertreten, das A und O: die Hunde müssen Krach schlagen, wenn sich jemand nähert. Unerheblich ist ebenso, dass streunende Rüden die angeketteten Hündinnen bei jeder Hitze decken. Die Welpen, geboren im Dreck neben ihrer angeketteten Mutter, werden dann entweder auf meist grausame Weise getötet oder dienen für eine gewisse Zeit als Kinderspielzeug, um danach ebenfalls an die Kette gehängt oder ausgesetzt zu werden. Das Futter für die Hofhunde besteht aus eingeweichtem Weißbrot und gelegentlichen Schlachtabfällen. Ein Wetterschutz ist nur selten vorhanden.
 
In den Dörfern und Kleinstädten gestaltet sich die Hundehaltung etwas anders. Aufgrund der traditionell engen Bebauung klebt ein Haus am nächsten, mit jeweils einem winzigen Hof dahinter. Hier sind die Wachhunde zwar meist nicht angekettet, können aber ihren Minizwinger zeitlebens nicht verlassen. Es sei denn, ihre Besitzer haben sich „Gedanken“ gemacht, einmal irgendwo gehört, dass ein enger Hof nicht genug ist an Bewegung für einen Hund. Diese schlauen Halter öffnen am späten Abend das eiserne Eingangstor ihres Grundstücks und lassen ihren (selbstverständlich unkastrierten) Hund über Nacht frei, „damit er sich mal austoben kann“. Ist er am nächsten Morgen wieder da – gut. Wenn nicht, auch gut, holt man sich eben einen neuen.
Mit einem Hund spazieren zu gehen ist abwegiger, als das heimlich hinterm Haus gehaltene Schwein gelegentlich auf einen Acker zu lassen.
 
Absolutes Tabu für jeden Hund ist das Betreten des Hauses, in dem der Halter lebt.


Die Roma und ihre Hunde

Nichtamtlichen Schätzungen zufolge leben in Ungarn über eine Million Roma. Unter ihnen herrscht hohe Arbeitslosigkeit und daher allgemeine Verarmung und Verelendung. Damit einher gehen die typischen sozialen Konsequenzen wie fehlende Bildungschancen und eine große Kriminalitäts-, Alkoholismus- und Drogenproblematik.
 
Eine Romafamilie besitzt immer mehrere Hunde. In der Regel leben diese Hunde frei (nicht angekettet) in der jeweiligen Romasiedlung. Eigentlich kein schlechtes Leben für einen Hund, wenn man einmal die extrem mangelhafte Fütterung außer Acht lässt – doch sie alle sind unkastriert und vermehren sich demzufolge rasant.
 
Die meisten Ungarn haben nicht nur eine starke Aversion gegen die ethnische Minderheit der Roma, sondern auch Angst vor Hunden, nicht selten sogar vor ihren eigenen, wovon so mancher Tierarzt ein Lied singen kann.
So liefern die Roma und ihre Hunde den ungarischen Einwohnern der Umgebung immer wieder Veranlassung, den Hundefänger zu rufen, dass er die „Zigeunerstreuner“, die Leib und Leben der Ungarn gefährden, einfange. In den Tötungsstationen sitzen bis zu 90 Prozent (Kiskunhalas) „Zigeunerhunde“.


Politik/Kommunalpolitik und Tierschutz

Von den 9,8 Millionen Ungarn sind mittlerweile 98 % an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen, allerdings entspricht die Trinkwasserqualität bei weitem nicht den Mindestanforderungen der EU. Es besteht Handlungsbedarf. Der Anteil der Haushalte, die an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen sind, liegt in mittelgroßen Städten bei 45 bis 50 %, in Dörfern lediglich bei 35 %. Auch hier: dringender Handlungsbedarf! Diese Zahlen sollen als kleines Beispiel von vielen anderen verdeutlichen, wie viel dem Land noch zu tun bleibt, um das Leben seiner Bürger auf einen halbwegs akzeptablen Stand zu bringen.
 
Auch wenn es mich immer wieder zum Kochen bringt, manchmal kann ich das große Abwinken der Politiker in Stadt und Land verstehen (nicht akzeptieren!), sobald es um Tierschutz geht. Tierschutzengagement ist für ungarische Politiker unpopulär, kostet Geld, das anderswo dringend gebraucht wird, und brächte ja noch nicht einmal Wählerstimmen – im Gegenteil! Warum also sollte sich ein ungarischer Politiker aus seiner Sicht um den Tierschutz kümmern?
 
Solange sich in den Köpfen der ungarischen Bevölkerung nichts ändert, aus dieser Richtung endlich Stimmen laut werden und Druck auf Politiker ausgeübt wird, werden diese trotz aller berechtigten Proteste und Petitionen nicht nur aus dem Ausland keinen Anlass sehen, etwas zu tun, zu verändern. Nicht zu unterschätzen ist auch die Neigung vieler Ungarn, egal ob Politiker oder einfacher Bauer, „Bevormundungen“ aus dem Ausland, wie sie es nennen, rigoros abzulehnen. „Wir sind auch keine blöden Kinder ...“
 
Nachwort
 
Es darf und soll nicht unerwähnt bleiben, dass es in Ungarn mittlerweile viele engagierte private Tierschützer, Tierschutzvereine und -verbände gibt, die ihre gesamte Zeit und Kraft, oft ihr privates Geld, in die Tierschutzarbeit stecken. Doch Jahrhunderte alte Traditionen und machtbesessene, ignorante Politiker lassen sich nur äußerst zäh und mühselig verändern.
Wir geben jedoch die Hoffnung und den Kampf nicht auf, auch wenn unsere Generation vielleicht nur noch allererste Ansätze einer wirklichen Veränderung erleben kann!